ADB:Ackermann, Heinrich

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Artikel „Ackermann, Heinrich“ von Wilhelm Wiederhold in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 35–36, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ackermann,_Heinrich&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 23:13 Uhr UTC)
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Ackermann: Wilhelm Heinrich A., Schulmann; zu Auerbach im sächs. Voigtland, wo sein Vater Oberpfarrer war, geb. 25. Juni 1789, † 27. März 1848. Von seinen zwei Brüdern ward der eine Appellationsrath in Dresden, der andere Pfarrer in Syrau. Erst vom Vater, dann auf dem Gothaer Gymnasium vorbereitet, studirte er seit 1807 zu Leipzig Theologie. Indem er zugleich Unterricht ertheilte, erkannte er darin so sehr seinen Beruf, daß er 1811 durch seinen zu London als Kaufmann ansässigen Vaterbruder Rudolph A. bewogen, die Erziehung einiger jungen Engländer übernahm und sich mit ihnen 2 Jahre bei Pestalozzi zu Ifferten aufhielt, lehrend und „vom genialen, an Geistesblicken unerschöpflichen Alten täglich lernend“. 1813 trieb ihn die Begeisterung für die Befreiung des Vaterlandes in das Lützow’sche Corps. Er zeichnete sich durch Umsicht aus, ward Oberjäger und am 26. Aug. Officier. Am selben Tage fiel Theod. Körner; A., Förster, Thümmel und Nostiz gruben dem Freunde unter der Eiche bei Wöbbelin das Grab; der spätere Geh. Medicinalrath Stiebel zu Frankfurt a. M. führte den Trauerzug. Im Kampf an der Göhrde, 16. Sept., eroberte A. eine Kanone und erhielt dafür das eiserne Kreuz. Er begleitete das Corps bis Paris. Nach geschlossenem Frieden führte er bei seinem Oheim Rudolf A. (s. d.) in London die Correspondenz zweier Hülfsgesellschaften, für die er im Winter 1814 nach Deutschland reiste. Bei dieser Gelegenheit besuchte er auch das Körner’sche Haus in Dresden, wo Theodor’s kurz hernach gestorbene Schwester durch ihre hohe Begabung und ihr begeistertes Wesen einen tiefen Eindruck auf ihn machte. In London verkehrte A. mit dem bekannten Dr. Bell, dessen Mechanismus und passives Gedächtnißwerk sich ihm im schroffsten Gegensatze zu Pestalozzi’s Entwickeln des jungen Geistes darstellte. 1815 zog A. abermals mit fünf Zöglingen nach Ifferten. Dr. Bell kam nachgereist; aber der von sich eingenommene Mann blieb trotz aller Beweise Pestalozzi’s und Ackermann’s bei seinem System. Von 1817 an ist A. mit seinen Zöglingen theils auf Reisen, theils an befreundeten Erziehungsinstituten; 1819 kam er nach Frankfurt a. M.; von seinen alten Kampfgenossen aufs Herzlichste empfangen, entschloß er sich daselbst zur Annahme einer ordentl. Lehrerstelle an der Musterschule (4. Juli 1820), deren Zierde er auf lange Zeit ward. Von hohem Wuchse, schlank, fast hager, trug er das Gepräge von Ernst und Liebe, einfach in seiner ganzen Lebensweise, ein abgesagter Feind alles äußern Schein-Glanzes. Der Umgang mit der Jugend war ihm Freude und Bedürfniß. Mit seltenem Geschick wußte er aus seinem reichen Wissensschatz das jedesmal Zweckmäßige herauszufinden. Mit seinem, von klangvoller Stimme getragenen würde- und liebevollen Lehrton, mit seinem edlen Charakter, der den Schülern überall als Muster vorleuchtete, war er ein echter Jünger Pestalozzi’s. Eine ganze Generation führte er vom Eintritt in die Schule bis zum Abgang von derselben und blieb dann, vorzugsweise mit Geschichte und deutscher Sprache beschäftigt, in den oberen Classen der Knaben- und Mädchenschule. – A. blieb unverheirathet, „die Schule blieb seine Braut und mit der Liebe eines Bräutigams hing er an ihr, lebte nur für sie“. – Als durch die Bundesbeschlüsse vom 28. Juni 1832 die religiöse und politische Freiheit in hohem Grade beschränkt [36] ward, trat A. mannhaft für sie ein. Bis zu Ende des Jahres 1847 blieb er, obwol schon seit Jahren mit heftigen und zunehmenden Brustbeschwerden behaftet, in seinem Beruf; dann ward er, kurz vor seinem Tode, pensionirt. Den Sterbenden erreichte noch die Kunde von der Erhebung des deutschen Volkes; noch sah er die Stadt im Festschmuck der schwarz-roth-goldenen Fahnen. Der unabsehbare Trauerzug, welcher ihn in den Tagen des Vorparlaments zum Grabe geleitete, wo der treue Jugendfreund Stiebel ihm die Grabrede hielt, bekundete die hohe und allseitige Verehrung der Stadt. – Geschrieben hat er: „Erinnerungen aus meinem Leben bei Pestalozzi“ und „Erinnerungen aus den Freiheitskriegen“; ein ungedrucktes Tagebuch soll sich in der Pfarre in Syrau befinden.