ADB:Weiß, Christian Samuel

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Artikel „Weiß, Christian Samuel“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 559–560, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wei%C3%9F,_Christian_Samuel&oldid=- (Version vom 30. März 2024, 06:26 Uhr UTC)
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Weiß: Christian Samuel W., berühmter Mineralog, besonders hervorragend als Begründer der systematischen Krystallographie, entstammte einer Pfarrersfamilie in Leipzig, wo er am 26. Februar 1780 geboren war. Als hochbegabter und frühreifer Jüngling bezog er schon im 16. Lebensjahr die Universität seiner Vaterstadt behufs des medicinischen Studiums und erwarb sich 1798 die Würde eines Baccalaureus dieser Wissenschaft, wandte sich dann aber dem Studium der Physik, Mathematik, Mineralogie und Chemie zu. Um sich in diesen Wissenschaften auszubilden, besuchte er im Winter 1801/1802 die Universität Berlin, wo er bei Klaproth arbeitete und von Karsten die Uebersetzung von Hauy’s berühmtem Werke über Mineralogie in vier Bänden übertragen erhielt. Im Sommer 1802 zog ihn der weltberühmte Lehrer der Mineralogie [560] Werner nach Freiberg, wo er nicht nur Werner’s Lieblingsschüler, sondern dessen Freund auf Lebensdauer wurde. Schon 1801 hatte W. eine Dissertation: „De notionibus rigidi et fluidi accurate definiendis“ verfaßt und die Preisfrage der Münchner Akademie: Ist die Materie des Lichts und des Feuers die nämliche oder eine verschiedene, glücklich gelöst. Im J. 1803 habilitirte er sich an der Universität Leipzig und hielt Vorlesungen über Chemie, Physik, Mineralogie und Geographie, beschäftigte sich zugleich mit der Uebersetzung des erwähnten Werks von Hauy, der in seiner vortrefflichen Bearbeitung über die Krystallverhältnisse doch noch nicht zu einem geordneten System und zur Erkenntniß der Achsengesetze durchgedrungen war (1804–1810), sowie französischer Schriften ähnlichen Inhalts. Die Jahre 1806–1808 verwendete er auf Reisen nach Wien, München, Tirol, der Schweiz und Frankreich, wobei er in der vulkanischen Auvergne sich zuerst von der Unhaltbarkeit der Werner’schen Lehre inbezug auf die Entstehung der Vulkane überzeugte, aber aus Pietät für seinen Lehrer nie hierüber öffentlich sich äußerte. Nach Leipzig zurückgekehrt trat er die ihm inzwischen verliehene Professur für Physik mit der Dissertation: „De indagando formarum crystallinarum charactere geometrico principali“ an, folgte aber schon 1810 einem an ihn ergangenen Ruf an die neugegründete Universität Berlin als Professor der Mineralogie, in welcher Stellung er als vortrefflicher Lehrer bis zu seinem Tode thätig war. Hier beschäftigte sich W. mit dem größten Erfolg neben sonstigen auf die Natur der verschiedensten Mineralien sich beziehenden Arbeiten mit der mathematischen Begründung des Aufbaus der Krystalle, indem er alle krystallographische Verhältnisse auf bestimmte Richtungslinien oder Achsen zurückführte, durch welche auch die Bezeichnungen der Krystallflächen begründet und die verschiedenen Symmetriegesetze abgeleitet werden können. Dieses völlig neue und auch jetzt noch in der Hauptsache als richtig anerkannte und in Geltung stehende System der Krystallographie behandelte W. zuerst ausführlich in der Schrift: „Uebersichtliche Darstellung der verschiedenen natürlichen Abtheilungen der Krystallsysteme“ (Abh. d. Berliner Akademie d. Wiss. 1814–15) und im einzelnen in vielen nachfolgenden Publicationen, die an Zahl mehr als fünfzig übersteigen. Es ist sehr bemerkenswerth, daß der berühmte Wiener Mineraloge Mohs fünf Jahre nach Weiß’s Aufstellung der Krystallgesetze ohne letztere zu kennen, zu ganz ähnlichen Auffassungen gelangte. W. beschäftigte sich außer seinen krystallographischen und mineralogischen Studien wol auch, aber nur nebenbei mit geologischen Arbeiten, wie seine Publicationen: „Ueber das Südende des Gebirgszugs in Brasilien“ (1827); „Ueber die Gebirgsart des sächsischen Erzgebirges, welche unter dem Namen Weißstein bekannt ist“ (1803); „Ueber einige geognostische Punkte bei Meissen und Hohenstein“ (1827); „Das Vorkommen von Ueberresten des Mammuths bei Berlin“ u. s. w. zu erkennen geben. W. besaß als Lehrer die Gabe eines klaren, leicht faßlichen. lebendigen Vortrags; zahlreiche berühmte Männer waren seine Schüler wie Friedr. Hofmann, Gust. Rose, Naumann, Quenstedt, v. Dechen, v. Oeynhausen, v. Carnall, Beyrich u. A. und trugen wesentlich zur Ausbreitung seiner Lehren bei. Schon seit 1803 Mitglied der Münchner Akademie der Wissenschaften, deren Preisaufgabe er gelöst hatte, wurde er auch in den Kreis der Berliner Akademiker aufgenommen, von seinem Könige mit hohen Orden, namentlich durch die Friedensclasse des Ordens pour le mérite ausgezeichnet. Bis in seine letzten Lebensjahre rüstig und gesund erlag W. einem nach und nach sich einstellenden Leiden auf einer Bade- und Erholungsreise am 1. October 1856 in Eger, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

Monatsber. der Berliner Akademie 1856. – Poggendorff, Biogr. Lex. II, 1287. – Martius, Denkrede (Münchener Gelehrt.-Anz. 1857). – E. Weiß, Gedenkrede (Berg- u. Hütten-Zeitung 1880, S. 105).